Wir sorgen uns!

Tausende verlassen die freiheitlich-demokratische Grundordnung – und wer widerspricht? Und heute rufen wir, weil wir hier in diesem unseren Land leben und uns sorgen! Auch wir haben Sorgen! Wir sorgen uns, dass wir nicht vor neonazistischer und rassistischer Gewalt geschützt werden. Wir sorgen uns, dass wir nicht vor rassistischer Diskriminierung geschützt werden. Wir sorgen uns,…

Tausende verlassen die freiheitlich-demokratische Grundordnung – und wer widerspricht?

Und heute rufen wir, weil wir hier in diesem unseren Land leben und uns sorgen!
Auch wir haben Sorgen!

  • Wir sorgen uns, dass wir nicht vor neonazistischer und rassistischer Gewalt geschützt werden.
  • Wir sorgen uns, dass wir nicht vor rassistischer Diskriminierung geschützt werden.
  • Wir sorgen uns, dass unsere Kinder aufgrund ihrer Haarfarbe und ihres Namens in ihrer Bildungsentwicklung behindert werden – wie so viele andere Kinder in diesem Land.
  • Wir sorgen uns, dass in der Mitte der Gesellschaft der Rassismus so alltäglich und so unbewusst und so selbstverständlich ist, dass dieser Rassismus vielleicht als kulturelles Vorurteil abgetan werden könnte, anstatt als ein rassistisches Selbstverständnis reflektiert zu werden.

Wir sorgen uns, dass trotz einer Politik des „Nie wieder!“ nach 1945 rassistische Pogrome stattfinden, Hakenkreuze angeschmiert werden, Zelte von Menschen in Not angezündet werden und Menschen aufgrund von äußerlichen Merkmalen angehalten, kontrolliert, zusammengeschlagen und getötet werden.
Wir sorgen uns, dass die politische Elite nicht weiß, was Rassismus ist und daher dem bürgerlichen mehrheitsdeutschen Rassismus nicht viel entgegenzusetzen hat – weil dieser über all die Jahre mit den Büchern von Thilo Sarrazin und Buschkowsky angefüttert wurde. Diese Bücher befanden sich wochenlang auf den oberen Rängen der Hitliste und fütterten ein dumpfes völkisches Identitätsgefasel und bauschten eine Gefahr auf, die weder Zahlen noch Argumente benötigt, sondern nur so ein latentes rassistisches Wohlbefinden anfüttert. So dass es nun laut und deutlich heißt: „das wird man noch sagen dürfen!“.

Wir wissen, das ist der Anfang von einem großen Schlamassel, der sich jahrelang anbahnte und die Weichen in der Gesellschaft nicht gestellt wurden. Eine Gesellschaft, die sich jahrzehntelang verweigerte, sich über das Selbstverständnis einer diversen, inklusiven und freiheitlich-demokratischen Gesellschaft zu vergewissern und sich als solche zu imaginieren. Stattdessen wurde eine völkisch-ethnozentristische deutsche Gesellschaft zentriert und den rassistischen Rändern nichts entgegengesetzt.

Es geht um die Angst vor dem eigenen Rassismus im Lande, der nicht angepackt, der nicht ausgepackt, der nicht ausgesprochen werden darf. Es geht darum, die rassistischen Kontinuitäten zu verschweigen, zu ignorieren und sich wie ein Kleinkind in der politischen Sphäre zu bewegen und sich die Augen vor dem Kopf zu halten und zu denken „Ich sehe nichts“.

Wenn es in diesem Land nicht möglich sein wird – und da sind wir leider noch ziemlich skeptisch – dass wir eine Stärkung der freiheitlich-demokratischen, inklusiven, Rassismus kritischen Kräfte hinbekommen, die sich für eine inklusive Gesellschaft und gegen Diskriminierung einsetzen, und wenn es nicht möglich sein wird, Rassismus von den Individuen über die Institutionen, über die Strukturen hin zu adressieren und zu analysieren, dann werden diejenigen, die die Augen verschließen, die Hände von den Augen nehmen und sehen, dass Menschen und Häuser brennen. Dann wird man sehen, dass Menschen nicht als Menschen gesehen werden und dass die im Grundgesetz festgeschriebene Gleichheit aller vor dem Gesetz nicht mehr gilt.

Wir appellieren daher eindringlich, dass sofort eine politische Auseinandersetzung mit den Fragen von nationaler Identität, Diversität und Rassismus über alle Parteien, Individuen, Strukturen und Institutionen her muss – denn sonst werden die Geister der Überheblichkeit, die gerufen wurde, immer weiter kreisen.

Wir fordern sofort die politische Bildung zu stärken und inklusive Strukturen zu fördern!Wir fordern, dass unsere Sorgen und Ängste ernst genommen werden!
Wir fordern eine Stärkung für den Schutz von rassistischer Gewalt!

Für eine inklusive, diverse und demokratische Gesellschaft! Heute! Sofort!

Migrationsrat Berlin-Brandenburg e.V.

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Ed Greve
0176 99 11 49 43