Der Friedrichshain-Kreuzberger Jugendstadtrat Max Kindler (CDU) hat es auf den Diskriminierungsschutz im Bezirk abgesehen: Über Pauschale Minderausgaben (PMA) soll die bezirkliche Anlauf- und Fachstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen und Kitas eingestampft werden. Zustimmung seiner Kolleg*innen im Bezirksamt oder der BVV braucht er hierfür nicht. Dieses Vorgehen scheint sein Vorbild in der PMA-Auflösung durch die Senatorin im April diesen Jahres zu haben. Damals hatte sie u.a. Projekte der queeren Bildung und der antisemitismus- und rassismuskritischen Bildung die Förderung gestrichen. Erneute Zustimmung durch das Parlament war nicht notwendig – die Abgeordneten hatten ihr freie Hand zur Einsparung gelassen.
Der SPD gelang es nicht, den Koalitionspartner davon abzuhalten, die diskriminierungskritische Bildungslandschaft nachhaltig zu schädigen. Durch die vehementen Proteste von Fachkreisen, Eltern- und Schüler*innenschaft ließ sich die Koalition schließlich gerade einmal dazu drängen, einen Teil der Kürzungen bzw. Streichungen für das kommende Jahr wieder zurückzunehmen.
Was jetzt im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg erinnert an das Szenario auf Landesebene. Wir appellieren daher dringend an den Jugendhilfeausschuss Friedrichshain-Kreuzberg, die Streichung der Anlauf- und Fachstelle morgen noch durch einen bindenden Beschluss in ihrer Sitzung abzuwenden.
Die Anlauf- und Fachstelle (AuF-FK) selbst hat in einem Statement ausführlich dargelegt, wie umfassend ihr Angebot von Schulen, Kitas, Jugendclubs und Bildungsträgern u.a.; von Jugendamt, Schulaufsicht und SIBUZ genutzt wird. Die AuF-FK hat sich in über sechs Jahren als vertrauensvolle Partnerin sowohl für Pädagog*innen als auch für Schüler*innen und Eltern erwiesen. Aus unserer Sicht ist die Stelle damit nicht nur für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg von Bedeutung, sondern fungiert als Modell für alle Berliner Bezirke.
Das Beschwerdemanagement der Bildungsverwaltung ist dysfunktional, insbesondere bezüglich Diskriminierung und die von Kürzungen gezeichnete Trägerlandschaft kann Berlin nicht ansatzweise flächendeckend mit Beratungs- und Weiterbildungsangeboten versorgen. Die AuF-FK leistet hier für den Bezirk wichtige Arbeit. Durch frühe Intervention können oft Betroffene aufgefangen und Sensibilisierung durchgeführt werden – bevor die Konflikte eskalieren. Durch die verschiedenen Qualifizierungsangebote für Pädagog*innen, Elternbegleiter*innen und Trägern im diskriminierungskritischen Handeln leistet die AuF-FK außerdem einen essentiellen Beitrag zur Prävention.
Seit nunmehr zwei Jahren beobachten wir, wie besonders im Kontext von Diskriminierung und Machtmissbrauch Präventionsarbeit zu einer politischen Nebensache verkommt. Die AuF-FK zu schließen, würde einen weiteren Schritt darstellen hin zu Bildungswesen, in dem Konflikte durch autoritäre Maßnahmen geregelt werden – besonders, aber nicht ausschließlich zulasten der Schüler*innen, die strukturell benachteiligt werden.
Der Migrationsrat Berlin ist ein Zusammenschluss von annähernd 90 Organisationen, die von Schwarzen Menschen, People of Color und Migrant*innen sowie ihren Nachkomm*innen getragen werden. Neben einem regionalen Schwerpunkt auf Berlin (und Brandenburg) fokussiert die inhaltliche Arbeit auf Bildung, Beratung, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere zu Migrationspolitik (inklusive Asylpolitik), Rassismuskritik und post-kolonialem und post-nationalsozialistischem Erinnern und Gedenken – und zwar mit den jeweiligen Schnittmengen zu Geschlecht, Alter, Behinderung, Religion, Aufenthaltsstatus, sexueller Orientierung und Ost/West.
