15. Juli 2010

Die Ethnisierung des Gewaltproblems: wie diskriminierende Implikationen von Gewaltkonstellationen zu Integrationsmaßnahmen werden

Das Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) hat mit der Zustimmung des Berliner Senats rund 3000 Gymnasiasten, Real- und Hauptschüler/innen mit einem Fragebogen zu ihrer Lebenssituation, Freizeitgestaltung und Gewalt befragt. Das Institut prüft regelmäßig seit 1998 Schüler/innen zu verschiedenen Themen.

Zu der Methode: Die Studie ist aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr fragwürdig, da die Eltern nicht darüber informiert wurden. Der MRBB erhielt von betroffenen Eltern eine Beschwerde. Sie monieren die Vorgehensweise und beschweren sich auch über den Inhalt der Fragen. „In der Tat, unabhängig von der fehlenden Einwilligung der Eltern, ist der Fragebogen ein Skandal! Denn die Fragen beziehen sich zum großen Teil auf die ethnische, religiöse und kulturelle Herkunft der Jugendlichen. Damit wird versucht eine Verbindung zwischen der ethnischen Herkunft der Jugendlichen und der Gewaltbereitschaft herzustellen.
Es wird verkannt, dass diese Jugendlichen größtenteils hier geboren und aufgewachsen sind; sie sind also ein Teil der hiesigen Gesellschaft. Es ist also schlicht falsch behaupten zu wollen, dass bestimmte Jugendliche mit ganz bestimmter ethnischer Herkunft wegen dieser Herkunft gewaltbereiter als andere Jugendliche sind. Es ist jetzt schon abzusehen, dass das Ergebnis dieser Studie solche Schlüsse zulassen wird. Für diese Erkenntnis benötigen wir kein Kraken-Orakel „Paul“, denn die Fragen implizieren bereits ein bestimmtes Ergebnis“, so Herr Coşar Karadaş, MRBB-Vorstandsprecher beim Durchlesen des Fragebogens.

Erkenntnisse darüber, ob Zusammenhänge zwischen Gewalterfahrungen und extremistischen Einstellungen erkennbar werden, werden mit diskriminieren Fragen untersetzt, die rassistische Bilder reproduzieren. Z.B.: These: In Deutschland gibt es zu viele Ausländer. Frage: An welchen Gruppen denkst du dabei?
Im Allgemeinen wird die ethnische Herkunft als Selbst/und Fremdeinschätzung ausschließlich abgefragt. Als Multiple-Choice kommen beliebige Listen zusammen, die Vorurteile, Verschwörungstheorien über „die Juden“ oder das Gewaltpotential von „den Kurden“ von Jugendlichen erfahren möchten.
Die Gesinnung mittels diskriminierender Implikation mit denen sich die Jugendlichen nicht auseinanderzusetzen brauchen, zu befragen, damit das Mainstreaming in „parallele Gesellschaften“ auf Zeit untertauchen möchte, ist zu verurteilen.

Zu dem Ansatz: Wie kann man die Jugendlichen nach persönlichen Gewalterfahrungen befragen ohne an eine Re-Traumatisierung zu denken? Dass die Senatsverwaltung diese Themen nicht reflektiert, damit laut Staatssekretärin für Bildung, Wissenschaft und Forschung Frau Zinke „eine umfassende Analyse von Lebenswelten der Jugendlichen in unserer Stadt ermöglichen möchte“, kritisiert der MRBB auf Schärfste.
„Die Vergaben von einem solchen Fragebogen ist Besorgnis erregend. Gute Präventionsarbeit erfordert eine genaue Untersuchung unterschiedlichster Aspekte, sie darf aber nicht den Rassismus in der Mitte der Gesellschaft auf Kosten von unseren Jugendlichen legitimieren“ “, merkte Herr Karadaş abschließend an.

Der MRBB fordert den Senat auf, bei der Vergabe von öffentlichen Befragungen ein konsultatives Gremium ins Leben zu rufen, in dem vorab Ansätze hinsichtlich der Reproduktion und Verstetigung von Rassismus überprüft werden sollen.

Ansprechpartner: Coşar Karadaş

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