Bedrohung als Reaktion auf Mitgefühl?

Der Vorsitzende des Verbandes afghanischer Organisationen (VAFO), dem auch unsere Mitgliedsorganisation YAAR e.V. angehört, brachte am Donnerstagabend im ARD-Brennpunkt sein Entsetzen über das Attentat in München zum Ausdruck. Seither nehmen Hass, Hetze und Bedrohung kein Ende. Die Mitarbeiter*innen arbeiten nur noch von zuhause, Aktivitäten werden abgesagt, um Engagierte nicht weiter zur Zielscheibe zu machen. Wir…

Der Vorsitzende des Verbandes afghanischer Organisationen (VAFO), dem auch unsere Mitgliedsorganisation YAAR e.V. angehört, brachte am Donnerstagabend im ARD-Brennpunkt sein Entsetzen über das Attentat in München zum Ausdruck. Seither nehmen Hass, Hetze und Bedrohung kein Ende. Die Mitarbeiter*innen arbeiten nur noch von zuhause, Aktivitäten werden abgesagt, um Engagierte nicht weiter zur Zielscheibe zu machen. Wir solidarisieren uns mit YAAR e.V. und seinem Dachverband VAFO – und wir klagen an.

Solidarität?

Opfer, Überlebende, Zeug*innen, Ersthelfer*innen, Menschen, die mit Zivilcourage eingegriffen haben: Manche sind deutsche Staatsangehörige – andere nicht. Manche sind hier geboren, andere eingewandert. Manche waren auf der Flucht, andere sind gekommen, um ihre Träume zu verwirklichen, zu studieren, zu arbeiten, Familien zu gründen … Sie alle verbindet der Schmerz über den Horror solcher Gewalttaten. Allen steht die Solidarität unserer Gesellschaft zu.

Stattdessen bringt diese Gesellschaft in ihrem rassistischen Klima aber weitere Gewalt hervor und produziert neues Leid. Für Betroffene rassistischer Angriffe eine unlösbare Situation: Äußern sie sich, droht der Vorwurf, vom Leid der Anschlagsopfer abzulenken; äußern sie sich nicht, bleiben sie isoliert und ungeschützt.

Systematisches Versagen als Ursache der Gewaltspirale

Besonders zynisch ist die Tatsache, dass so viele Geflüchtete – nicht nur, aber auch aus Afghanistan – vor genau solcher Gewalt flüchteten. Nun werden sie dafür verantwortlich gemacht. Expert*innen warnen seit Jahren davor, dass die Gewaltspirale aus rassistischer Hetze, Berichterstattung und Politik immer weiter eskalieren wird. Dieses Versagen geht zulasten unschuldiger und unbeteiligter Dritter. So auch hier, im Fall des VAFO.

Selbst- und fremdgefährdende, oft traumatisierte Menschen dürfen nicht sich selbst überlassen werden. Noch häufiger als im Mord an unschuldiger Dritten endet dies in Suizid. Auch über diese Folgen struktureller Gewalt lässt sich in der gegenwärtig besonders feindseligen Atmosphäre nur schwer sprechen – und je heftiger der Überbietungswettbewerb in „Migrationskritik“ wird, desto schwieriger.

Unsere Anteilnahme gilt zuvorderst den Opfern des Anschlags von München. Wir schauen auch darüber hinaus hin – wir dulden keine Instrumentalisierung, wir lassen uns durch Hass und Hetze nicht einschüchtern oder spalten.

Kontakt für Rückfragen & Interviews:

Koray Yılmaz-Günay
Geschäftsleitung
Mail: Koray.Yilmaz-Gunay [at] Migrationsrat.de