6. Mai 2021

Wo bleibt die Unabhängige Beschwerdestelle?

Es ist Zeit, Druck zu machen: Berlin soll eine neue Behörde bekommen, eine:n Polizei- und Bürgerbeauftragte:n. Auch zu Beschwerden im Bereich Schule soll diese Stelle arbeiten. Aber warum existiert sie bis heute nicht?

Diskriminierung an Schulen: Steigende Fallzahlen auch im virtuellen Klassenzimmer, eskalierende Benachteiligung aufgrund ungleicher Ausstattung im “Homeschooling”, Prüfungspanik, Zukunftsängste und Überlastung sowohl unter Schüler:innen als auch dem Lehrpersonal.

Auch ein Jahr nach dem ersten Lockdown hat die Bildungsverwaltung die Lage an Berliner Schulen nicht im Griff. Und seit fünf Monaten ist auch die nicht unumstrittene Stelle der:des verwaltungsinternen Antidiskriminierungsbeauftragten nicht mehr besetzt – ganz zu schweigen von den nicht stattfindenen Fortbildungen der eigentlich verpflichtenden diskriminierungskritischen Qualifizierungsreihe für Mitarbeiter:innen der Bildungsverwaltung.

Dabei war gerade diese Stelle in einem einzigartigen Prozess gemeinsam mit einem Votum aus der Zivilgesellschaft entwickelt worden. Von dieser Idee war bereits bei der ersten Neu-Besetzung nichts mehr übrig.

Dabei hatte die Koalition eigentlich sogar versprochen, eine unabhängige Beschwerdestelle zu unterstützen. Bis jetzt ist das Versprechen nicht umgesetzt.

Schluss mit “internen Aufarbeitungen”

Nun soll Berlin dieses Jahr eigentlich sogar eine neue Behörde bekommen: Eine:n unabhängige:n Polizei- und Bürgerbeauftragte:n. An diese Behörde sollen sich Menschen wenden können, die Beschwerden gegenüber der Polizei und anderen Berliner Behörden und Verwaltungseinrichtungen haben – auch im Bereich Schulen.

Der:die Polizei- und Bürgerbeauftragte soll solchen Vorwürfen dann unabhängig nachgehen, ermitteln und mögliche Zeugen und Beschuldigte befragen. Denn Antidiskriminierungsprojekte betonen seit Jahren, dass es unabhängiger Beschwerdemechanismen, mit umfassenden Befugnissen bedarf. Institutionen können sich nicht selbst sanktionieren.

Damit die Behörde ihre Arbeit aufnehmen und schließlich auch die für Schulen zuständige Stelle besetzt werden kann, müsste jetzt das Parlament die Leitung der:des Polizei- und Bürgerbeauftragten wählen. Doch gerade dieser Schritt scheint nirgendwo auf der Tagesordnung zu stehen.

Raus aus der Sackgasse!

Der:die Polizei- und Bürgerbeauftragte muss mit Personen besetzt werden, die über diskriminierungskritische Kompetenzen verfügen. Diese umfassen Fachwissen wie auch Praxiserfahrung. Umfassende Erfahrung in der Beratungs- und Antidiskriminierungsarbeit in zivilgesellschaftlichen Organisationen sind unverzichtbare Voraussetzungen für Personal einer solchen Stelle.

Wir begrüßen daher umsomehr, dass im Haushaltsbeschluss festgehalten wurde, dass die Stelle mit dem “Schwerpunkt Diskriminierung im Schulwesen […] in Kooperation mit  zivilgesellschaftlichen Verbänden und Einrichtungen der Antidiskriminierungsarbeit und -beratung im Bereich Bildung/Schule ausgeschrieben und besetzt” werden soll.

Aber die Zeit drängt: Der Haushaltsbeschluss hat seine Gültigkeit nur für dieses Jahr. Auch mit Hinblick auf die Wahl und die ungewisse Perspektive für die folgenden fünf Jahre sehen wir enorme Dringlichkeit, jetzt mit der Einrichtung der:des Polizei- und Bürgerbeauftragten voranzuschreiten und noch dieses Jahr die für Schulen zuständige Stelle mit zu besetzen.

Wir fordern daher den Parlamentspräsidenten sowie alle Mitglieder des Berliner Abgeordneten und insbesondere die bildungspolitischen Sprecher:innen der Koalitionsfraktionen dazu auf, Wahlvorschläge für den Posten der:des Polizei- und Bürgerbeauftragte:n zu benennen und die Wahl durchzuführen.

Antidiskriminierung ist Menschenrecht – auch und gerade in Krisenzeiten!

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