18. September 2023

Antidiskriminierung und Gewaltprävention sind keine Nebensachen:

Massive Kürzungen an zivilgesellschaftlicher Bildungs- und Jugendarbeit müssen gestoppt werden!

Gerade mal ein Jahr konnten die Projekte queerer und intersektionaler Antidiskriminierungsarbeit durchatmen, nun droht der Senat mit noch drastischeren Kürzungen und Streichungen als im letzten Jahr – und das, obwohl CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag „Erhalt und Weiterentwicklung“ queerer Bildungsprojekte versprochen haben.

Der Haushaltsentwurf für 2024/25 sieht im Einzelplan 10 (Bildung, Jugend und Familie) vor, Zuwendungen für queere Bildungs-, Beratungs- und Präventionsprojekte um mehrere Hunderttausend Euro zu reduzieren. Vielen Projekten soll die Finanzierung komplett gestrichen, anderen – wie auch unserer Kompetenzstelle intersektionale Pädagogik i-PÄD (Teilansatz 48) – um mehr als die Hälfte gekürzt werden.

Stattdessen tauchen neue Positionen u.a. im Bereich Öffentlichkeitsarbeit für die zuständige Senatsverwaltung selbst in Höhe von mehreren Millionen auf, aber auch ein nicht näher aufgeschlüsselter Posten zur „Prävention von Jugendgewalt“. Dass dies ausgerechnet einer Streichung von u.a. jahrelang erfahrenen, qualifizierten und diskriminierungskritischen Präventionsprojekten gegenübersteht, erscheint außerordentlich zynisch.

Schon der letzten Koalition gegenüber haben wir deutlich gemacht, wie unverantwortlich solche Entscheidungen gegenüber Berliner Schüler*innen, Lehrkräften, Schulleitungen und Seminarleitungen gegenüber sind: Nicht nur steigen die Beratungs- und Fortbildungsanfragen durch Schulen, insbesondere auch für Kollegien, seit Jahren kontinuierlich an. Auch die Dringlichkeit vieler Anfragen ist keineswegs zurückgegangen.

Immer wieder fungieren wir als “Feuerlöscher”, wenn ein rassistischer, antisemitischer und/oder sexistischer und queerfeindlicher Vorfall zu beklagen ist. Und auch jetzt sind wir wieder in der Position, auf eine drohende Krise reagieren zu müssen. Dabei würden wir unsere Kräfte ohnehin viel lieber voll und ganz darauf konzentrieren, nachhaltige Entwicklungen im Bereich Antidiskriminierung und Gewaltprävention voranzutreiben. 

Im Berliner Rahmenlehrplan (Teil B – Fachübergreifende Kompetenzentwicklung) sind u.a. als Ziele vorgesehen: “Bildung zur Akzeptanz für Vielfalt, Gewaltprävention, Gleichstellung und Gleichberechtigung der Geschlechter, Sexualerziehung/Bildung für sexuelle Selbstbestimmung”. Genau hier leisten wir die dringend benötigte Unterstützung, nach der wir so viel gefragt werden – sowohl für Fachkräfte als auch für Schulklassen.

Wir sind stolz darauf, mit unserer Kompetenzstelle in den vergangenen zwölf Jahren viele unterschiedliche Veränderungsprozesse auch spontan noch möglich gemacht zu haben. Noch mehr freuen wir uns aber über jede verstetigte Veränderung, die wir insbesondere in den Schulen beobachten können, die bereits seit mehreren Jahren von uns interne Prozesse begleiten lassen: Darunter fallen beispielsweise die Installation intersektional diskriminierungskritischer Gewaltschutzkonzepte, die Etablierung regelmäßiger Kurse zum Umgang mit intersektionaler Diskriminierung mit Schüler*innen und Auszubildenden in pädagogischen Berufen, sowie die Schulung und Begleitung von Antidiskriminierungsbeauftragten an Schulen.

Die geplanten Kürzungen würden uns wieder einmal vor die schmerzhafte Aufgabe stellen zu entscheiden, welche Vorhaben eingestellt und welche Kooperationen beendet werden müssen. Die härtesten Folgen werden aber nicht wir zu spüren bekommen, sondern die engagierten Pädagog*innen, die trotz Stress im Schulalltag Wert auf diskriminierungskritische Schulentwicklung und Unterrichtsgestaltung legen. Denn am Ende geht es um nichts Geringeres als allen Schüler*innen diskriminierungsfreie Bildung und sicheres, erfolgreiches Lernen zu ermöglichen, also auch darum, einen Auftrag aus dem Berliner Schulgesetz umzusetzen. Dieses Recht und die Bedürfnisse von Schüler*innen werden nun wieder einmal zum Spielball haushaltspolitischer Streitigkeiten.

Wir fordern die demokratischen Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus nachdrücklich auf: Machen Sie sofort Schluss mit allen Kürzungs- und Streichungsplänen im Bereich queerer und intersektionaler Bildung, Beratung und Prävention. Treten Sie stattdessen mit uns und anderen Trägern demokratiefördernder Arbeit in einen ernsthaften, verbindlichen Austausch darüber, wie wir in der Zusammenarbeit von Staat und Zivilgesellschaft ein diskriminierungsfreieres Berlin für alle verwirklichen!

Kontakt für Rückfragen & Interviews:

Ed Greve

E-Mail: ed.greve [at] migrationsrat.de

Telefon/Mobil: 0176 99 11 49 43