5. Februar 2020

Entgleisung in Thüringen: Ministerpräsident mit AfD Stimmen gewählt

[:de]Mit Entsetzen und Sorge haben wir verfolgt, wie heute bei der Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten im dritten Wahlgang ein Kandidat von Gnaden der offen rassistischen und chauvinistischen «Alternative für Deutschland» gewählt wurde. Dass Thomas Kemmerich (FDP) die Wahl annimmt, in dem Wissen, mit Stimmen einer Partei gewonnen zu haben, die von einem Faschisten angeführt wird, ist ein fatales Signal – nicht nur an die (post)migrantische Zivilgesellschaft, sondern an alle Menschen, die sich für eine demokratische, gleichberechtigte Gesellschaft einsetzen.

Demokratie bedeutet ein klares Bekenntnis zu den Menschenrechten und zur Verfassung. Sie muss mehr sein als der floskelhafte Bezug auf die Meinungsfreiheit, die gleichermaßen für alle gelten müsse. Demokratie bedeutet die Gleichstellung aller Geschlechter und Lebensweisen. Demokratie garantiert das individuelle Recht auf Asyl und die Freiheit der Religion. Sie verbietet rassistische und sexistische Benachteiligung bzw. Bevorzugung sowie die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung.

Die AfD ist sowohl programmatisch als auch angesichts ihrer Funktionär_innen und Mandatsträger_innen eine anti-demokratische Partei. Das Amt des thüringischen Ministerpräsidenten, die Regierungsbildung und die Arbeit der nächsten Landesregierung vom Wohlwollen einer solchen Partei abhängig zu machen bzw. die AfD sogar in die Arbeit einzubinden, stellt einen Dammbruch dar. CDU und FDP gehen de facto eine Koalition mit ebenjener Partei ein, die in Thüringen von dem Faschisten Björn Höcke angeführt wird. Das Wahlergebnis wirft für uns insbesondere die Frage auf, ob sich die Fraktionen der CDU und der FDP im Vorfeld mit der AfD abgesprochen haben.

„Unsere Solidarität gilt allen Schwarzen Menschen und den Menschen of Color, Geflüchteten und anderen Migrant_innen sowie der gesamten rassismuskritischen und antifaschistischen Zivilgesellschaft in Thüringen. Gerade in der letzten Legislaturperiode wurden wichtige Schritte unternommen, die Rassismus und Diskriminierung zurückdrängen und ein tatsächlich demokratisches Zusammenleben ermöglichen sollten. All dies droht nun, rückgängig gemacht zu werden und das hätte katastrophale Auswirkungen“, so Iris Rajanayagam, Historikerin und Vorstand des Migrationsrat Berlin.

Heute Abend findet um 18.00 Uhr eine spontane Kundgebung vor der FDP Bundesgeschäftsstelle (Reinhardtstraße 14, 10117 Berlin) gegen den Tabubruch in Thüringen statt.[:]

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