30. August 2019

LADG Debatte: Falschaussagen und Abwehrhaltung

Einige Polizeiverbände haben zur ersten Lesung des Entwurfs zu einem Landesantidiskriminierungsgesetz Kritik geäußert. Diese Kritik erachten wir als ungerechtfertigt und gefährlich. Fehlerhafte Aussagen müssen unbedingt korrigiert werden, sodass einer verhängnisvollen Stimmungsmache gegen Diskriminierungsschutz vorgebeugt wird.

Überarbeitete Version mit erweitertem Bündnis (03.09.2019)

Als Organisationen, die Menschen beraten und unterstützen, die von rassistischer Diskriminierung und Gewalt betroffen sind, wissen wir um die Notwendigkeit von gesetzlichen Antidiskriminierungsregelungen und begrüßen daher die Einführung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes grundsätzlich. Berlin nimmt als erstes Bundesland überhaupt seine Verpflichtungen wahr, europäische Richtlinien zum Schutze vor Diskriminierung umzusetzen und schließt damit bestehende Lücken im Rechtschutz. Damit wird Berlin seiner Vorreiterrolle in der Gestaltung einer aktiven Antidiskriminierungspolitik gerecht.

Der Gesetzesentwurf sieht – entgegen der Behauptung der Unabhängigen in der Polizei – keine Beweislastumkehr vor, sondern eine Beweiserleichterung. Somit ist es falsch, dass allein die Behauptung einer Diskriminierung ausreiche, um Polizeibeamt*innen in die Beweispflicht zu führen, nicht diskriminiert zu haben. Von einem Generalverdacht kann hier keine Rede sein. Auch die Aussagen, die Unschuldsvermutung – ein im Strafrecht relevantes Prinzip – würde ausgehebelt werden oder, dass eine Diskriminierungsabsicht Voraussetzung für einen Diskriminierungsvorfall sei, sind falsch. Sie lassen erkennen, dass es an Rechtsverständnis mangelt. Ebenso wie die Schlussfolgerung, die Polizei diskriminiere nicht, weil sie an Recht, Gesetz und Verhältnismäßigkeit gebunden sei.

Diskriminierung ist eine gesellschaftliche Realität und schließt keinen Lebensbereich aus. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bietet rechtlichen Diskriminierungsschutz in den Bereichen Arbeit und Dienstleistungen. Das LADG wird den Bereich des staatlichen Handelns schützen.

„Das ist wichtig, denn auch in Verwaltung, Schule und Polizei findet Diskriminierung statt. Als Beratungsstellen wissen wir von Fällen von Racial Profiling, diskriminierenden Zeug*innenanhörungen, Protokoll- und Beweisaufnahmen, von unverhältnismäßiger Strenge und gar Gewalt gegenüber People of Color. Bislang ist es für Betroffene sehr schwer dagegen vorzugehen und ihre Fälle bleiben unsichtbar,“ so Céline Barry von der Beratungsstelle Each One (EOTO e.V.). „Die Abwehrhaltung der Polizeiverbände geht zulasten der Betroffenen. Als Gesellschaft müssen wir anfangen aufrichtig und mutig über Diskriminierung zu sprechen.“

Diese Reaktionen machen deutlich, dass die Einführung des Gesetzes von Sensibilisierungsmaßnahmen und Schulungen in der Verwaltung begleitet werden muss, um Unsicherheiten zu klären und auszuräumen.

Unterzeichner*innen: Amaro Foro, Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen, Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des TBB, Antidiskriminierungsverband Deutschland, Bund für Antidiskriminierungs- und Bildungsarbeit, Each One Teach One, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Inssan, Kampagne für die Opfer rassistischer Polizeigewalt, KiDs/Fachstelle Kinderwelten, Migrationsrat Berlin, NARUD, ReachOut Berlin.

Kontakt für Rückfragen & Interviews:

Céline Barry (Each One, EOTO e.V.)

E-Mail: celine.barry [at] eoto-archiv.de

Telefon/Mobil: 030 98 32 41 77