8. März 2021

CoLiberation Berlin: Gemeinsam gegen das polnische Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen – nicht nur am 8. März

In Polen ist das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen in Kraft getreten, und auch die „Pille danach“ ist nur schwer zu bekommen. Sie ist rezeptpflichtig, Ärzt_innen, die die „Moral-Klausel“ anwenden, können die Verschreibung verweigern. Vor diesem Hintergrund haben wir uns in Berlin als queer-feministisches, polnisch-sprachiges Kollektiv neu-organisiert und die bisherige Arbeit und die bisherigen Strategien überdacht. Wir haben verstanden, dass wir das Kollektiv sein wollen, das viele von uns zu Beginn ihres Aktivismus gern gehabt hätten: ein feministisches Kollektiv, das queer, antifaschistisch und antikapitalistisch ist.

Unser Fokus liegt nun auf dem Aufbau eines solidarischen Care- und Support-Netzwerks. Eine unserer letzten Aktionen war es, die „Pille danach“ zu sammeln und nach Polen zu schicken. –

Die Regierung und ihre gewaltvollen Strukturen wendet sich unmittelbar gegen Frauen und queere Menschen, aber wir stehen füreinander ein. Wir arbeiten daran, transnationale Netzwerke mit kleineren Städten in Polen aufzubauen und uns mit lokalen Kollektiven zu verbinden, um ihre Bedürfnisse zu verstehen und sie direkt zu unterstützen. Es ist sehr wichtig, dass wir genau verstehen, was die Menschen vor Ort brauchen, damit wir die Ressourcen und die Position, die wir im Ausland haben, nutzen können, um ihnen so gut wie möglich zu helfen.

Darüber hinaus sprechen wir die anhaltende Gewalt gegen LGBTQIA+ Menschen in Polen an und reichen denen die Hand, die unter der aktuellen Regierung und ihrer Politik leiden. Niemand muss der immer weiter um sich greifenden Repression allein begegnen.

Das Urteil des Verfassungsgerichts zu Schwangerschaftsabbrüchen kam mitten in der Pandemie und hat alles schwieriger gemacht. Die Hoffnung war offenbar, dass die Proteste klein ausfallen würden, für viele gab es berechtigte Ängste vor einer Ansteckung bzw. einer Infektion von Familienmitgliedern, Freund_innen, Partner_innen usw. Medienberichte machten die Demonstrationen für die steigenden Fallzahlen verantwortlich, die Regierungspropaganda tat so, als wären die Proteste sehr klein.

Am wichtigsten war aber, dass es sehr schwierig wurde, für Schwangerschaftsabbrüche ins Ausland zu gehen. Die Grenzen waren monatelang entweder geschlossen und/oder es gab eine Pflicht, sich in Quarantäne– zu begeben. Das hat sowohl zeitliche als auch finanzielle Konsequenzen, die nicht alle tragen können. Die Lieferketten waren bzw. sind zum Teil immer noch unterbrochen, sodass medizinische Präparate nicht oder nicht immer pünktlich ankamen.

Auch unsere Arbeitsweise als Kollektiv war davon betroffen – wir müssen die Verantwortung für Sicherheitsmaßnahmen während unserer Proteste übernehmen, wir sind gezwungen, digitale Medien zu nutzen, um miteinander und mit unseren Unterstützer_innen zu kommunizieren, was sich auf die Art und Weise auswirkt, wie wir uns mit Menschen ins Verhältnis setzen. Die Situation gestattet anderseits auch, neue Methoden des politischen Aktivismus und des Widerstands gegen repressive Staatspolitik zu finden.

Der 8. März ist ein wichtiges Datum in der Geschichte des Feminismus und wir sollten den Fortschritt, der bisher gemacht wurde, wertschätzen. Gleichzeitig müssen wir verstehen, dass wir noch lange nicht am Ende sind. Der 8. März ist eine Chance, alle feministischen Kämpfe zusammenzuführen; wir konzentrieren uns oft auf unsere eigenen Kontexte, aber gerade in Berlin können und wollen wir am 8. März auch Solidarität mit anderen Kämpfen und Kontexten zeigen – wir kämpfen an unterschiedlichen Punkten und unter unterschiedlichen Bedingungen alle gegen dasselbe Patriarchat und dasselbe System, das Frauen, inter*, trans* und nicht-binäre Menschen unterdrückt. Nur gemeinsam sind wir stärker. Nur die Unterdrückenden profitieren von unterdrückenden Systemen, und nur wenn unsere Bewegungen sich gegenseitig unterstützen, können wir das Patriarchat und andere Unterdrückungsverhältnisse bekämpfen und uns als Aktivist_inneen und Unterstützer_innen ermächtigenden.

Constellation of Liberation (CoLiberation) ist ein polnisch-sprachiges, queer-feministisches Kollektiv in Berlin. Kontakt: co-liberation@riseup.net